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Japan Spezial - Die Teezeremonie

Japan Spezial - Die Teezeremonie

 

Irasshaimase! (いらっしゃいます) und willkommen in Japan!

Einer der meist gesagten Floskeln in Japan die auf einen armen, ahnungslosen Kunden niederrieseln, . . . wie Platzregen. Es bedeutet so viel wie, „Willkommen“ und wenn sie denken in deutschen Geschäften, kann sich der Kunde ganz wie ein König fühlen, würden sie sich in Japan wie ein Kaiser vorkommen. Die japanische Kultur gebietet es so und weil sich jedes Personal danach richtet, hört man es wohl an die 200-mal, von freundlich, nickenden Damen und adretten, jungen Herren, bei einem Shoppingbesuch von vielleicht 15 Minuten, während man sich von Hello Kitty Figuren, Videospielen, abstrakt aussehenden Gerichten, merkwürdig verkleideten Leuten und freundlichen Robotern, die verwirrten Besuchern eigentlich nur den richtigen Weg weisen wollen, verfolgt fühlt. Seien sie also froh dass wir hier keinen Willkommensgruß installiert haben, der sie bei jedem Klick aufs Neue begrüßt!

Irasshaimase!

Natürlich nehmen wir uns ein Beispiel an den tatkräftigen, japanischen Servicekräften und versuchen sie auch hier ganz wie ein Kaiser zu behandeln.

Irasshaimase!

Neben den Hightechtoiletten, Mangas, Samurais und Kirschblüten ist Japan natürlich auch für seinen Tee, vor allem dem grünen Tee, ( o-cha お茶  genannt ) bekannt. Dabei darf natürlich auch nicht die bekannte, japanische Teezeremonie fehlen. Für die traditionsbewussten Japaner auch heute noch von großer Wichtigkeit, deshalb sollte man einer japanischen Teezeremonie nicht ohne Vorkenntnisse beitreten. Ansonsten würde man mit einem immer breiteren Lächeln „belächelt“ werden. Japaner beschweren sich nicht gern und sagen noch weniger gern „Nein.“, deshalb Vorsicht, wenn ein Japaner anfängt, zu lange, zu freundlich, zu lächeln - dann machen sie etwas falsch. Um jenes zu verhindern, hier eine kleine Einführungsstunde in die typisch japanische Teezeremonie.

Die japanische Teezeremonie (chado oder sado 茶道  genannt, dt.“ Teeweg“ oder auch cha-no-yu 茶の湯 „ heißes Wasser für Tee“) folgt zum großen Teil der Philosophie des Zenbuddhismus. Man möchte den Einklang mit allen, lebenden und leblosen Dingen, Ruhe und die Findung zu sich selbst erreichen. Die Teezeremonie setzt sich aus unheimlich vielen, verschiedenen, kleinen Riten zusammen, die für ungeschulte Augen verborgen bleiben. Jeder Ablauf, jede noch so kleine unscheinbare Bewegung, dient der perfekten Übereinkunft von Körper, Seele und der Natur und soll so flüssig und perfekt wie nur möglich ablaufen. Weil man über die Teezeremonie ein Buch schreiben kann, was so dick wie einer der  Romane von Haruki Murakami werden kann, begrenzen wir uns hierbei ganz auf die Zubereitungsformeln eines japanischen Tees und unterrichten sie etwas über die wichtigsten Verhaltensregeln, sollten sie mal die Möglichkeit besitzen einer Teezeremonie beizuwohnen.

Zunächst legt man die nötigen Utensilien bereit, darunter zählen die Teeschale ( chawan 茶碗), die Teedose (cha-ire 茶入れ), worin sich das Teepulver oder die Teekräuter befinden, ein Frischwassergefäß (mizu-sachi  水差し), ein Teebambuslöffel ( chashaku 茶杓 ), ein eiserner Wasserkessel ( kama 釜) und einTeebesen ( chasen 茶筅 ). Weiter kann man zwischen 2 Behältern unterscheiden, einen für starken Tee (koi-cha  濃茶) und leichten Tee (usu-cha  薄茶) und dann kann es auch schon bald losgehen. Zu jeder Teezeremonie zählt auch eine gesunde Portion Geduld, schließlich möchten auch die hektischen, stets im Stress lebenden Japaner, mal die Zeit still stehen sehen. Nach unzähligen Verbeugungen, perfekter Anordnung der Utensilien und bestaunen jener, beginnt der Gastgeber das Gebrauchtwassergefäß ( kensui  建水) auf die Höhe seiner Knie vorzuschieben. Die Teeschalen befinden sich dabei einige Zentimeter vor seinem Knie. Der Gastgeber beginnt das Gefäß für leichten (oder starken) Tee mit einem speziellen Tuch, ( fukusa 袱紗 ) welches an seinem Gürtel befestigt ist, zu reinigen. Vor das Frischwassergefäß links, wird das Gefäß abgestellt. Danach folgt die Reinigung des Teebambuslöffels. Als nächstes wird der Teebesen aus der Teeschale entnommen und rechts neben dieser platziert. Der Gastgeber reicht den Schöpflöffel von seiner rechten in seine linke Hand. Mit der rechten Hand wird der Deckel des Wasserkessels abgenommen und auf den Untersetzter gestellt. Ein weißes Leinentuch wird auf den Deckel des Kessels gelegt. Heißes Wasser wird aus dem Kessel geschöpft und in eine Teeschale gegeben. Dadurch soll der Teebesen im heißen Wasser geschmeidiger werden. Weiter dient es der Erwärmung der Teeschale, welche dann in bestimmten Abständen und bestimmter Form geschwenkt wird. Als nächstes gießt der Gastgeber das Wasser in das Gebrauchtwassergefäß und eine Teeschale wird mit einem Leinentuch gereinigt. Meistens werden die Gäste jetzt aufgefordert sich Süßigkeiten zu nehmen. Natürlich nur in bestimmten Maße! 

Die Utensilien sind nicht das einzige was gereinigt werden sollte. Hände und Mund sollten vor Beginn der eigentlichen Zeremonie gereinigt werden. Damit soll metaphorisch alles Schlechte ausgewaschen werden und nur die pure Reinheit übrig bleiben.

Nach dem Süßigkeitenschmaus, beginnt der Gastgeber das Teepulver in der Teeschale zu dosieren, welches er mit Hilfe des Teebambuslöffels tut. Schließlich wird heißes Wasser darauf gegossen. Der noch dickflüssige Tee wird mit dem Bambusbesen schaumig geschlagen. Nach gefühlten 3 Stunden des Wartens und Bestaunens wird einem letztendlich vom Gastgeber die Teeschale gereicht ( dabei beginnt man immer mit dem Hauptgast ). Der Hauptgast nimmt die Schale mit einer Verbeugung entgegen.

Nein, sie dürfen noch nicht trinken! Zuerst drehen sie die Schale dreimal in ihrer Hand und bewundern die ach so hübsch verzierte Schale. Haben sie das getan, dürfen sie sich 3 kleine Schlucke genehmigen, dann wird der Rand der Schale mit einer Serviette gereinigt und dem Nachbarn überreicht. Die Teeschale geht ihre erste Runde in aller Stille, es wird nicht geredet. Ist die erste Runde vollbracht, kann man ein Gespräch beginnen, jedoch über nichts, was sich außerhalb des Teezimmers befindet. Bei einer Teezeremonie sollen alle gesellschaftlichen Unterschiede am besten ausgeblendet werden. Sie könnten sich ja noch mal über das Design der wunderhübschen Schale äußern. Im Folgenden wird je nach dem eine neue Teesorte serviert, meist folgt nach dem starken, noch ein leichter Tee.

Von all den vielen Teebegriffen fühlen sie sich doch jetzt bestimmt auch schon wesentlich entspannter oder? Jetzt wo sie nicht mehr so ganz unwissend sind, können sie sich also guten Gewissens auch mal zu einer Teezeremonie beisetzen. Wem der Aufwand zu groß ist, kann natürlich auch ohne großes Verbeugen, Bestaunen und meditatives Warten, seinen Tee in seinem einfachen Zuhause, in einer einfachen Schale (oder Tasse), in einen einfachen Sessel genießen.

 

Wir danken Nicole Melchert, einem großen Japan-Fan, für diesen Artikel!

 

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